Beiträge mit dem Schlagwort: Pinar del Rio

Der Salsa-Kurs

In Peru war ich noch ueberzeugt davon,  dass an die Schoenheit dieser Landschaft nichts mehr heranreichen koenne. Doch Kuba ueberrascht aufs Neue. Diesmal mit wildromantischen Taelern.

Valle de Viñales

In Pinar del Rio zum Beispiel, im Westen des Landes. Die Heimat der Tabakplantagen ist von Havanna aus schnell erreicht. Sie gilt als eine der schoensten Gegenden Kubas.

Oder in der Umgebung von Trinidad an der Suedkueste. Dorthin fahre ich gemeinsam mit einer Gruppe US-Amerikaner, die ueber einen Umweg via Mexiko eingereist sind. Sie muessen nicht befuerchten, dass ihr Reisepass sie eines Tages verraten wird, denn Kuba stempelt bei der Einreise nur die Touristenkarte. Die sollte man allerdings nicht verlieren.

Trinidad

In wenigen Stunden fahren wir einmal quer ueber die Insel in die alte Kolonialstadt – und befinden uns in einer voellig anderen Welt. Keine Cadillacs praegen das Strassenbild, dafuer jede Menge Pferde. Mal mit Kutsche, mal ohne. Doch auch hier findet das Leben auf der Strasse statt, begleitet von viel Musik.

„Obruni!“ – das kenne ich doch irgendwoher?  „Obruni!!! Willst du tanzen?“ Ich erinnere mich, dass ich beim letzten Salsa-Versuch keine wirklich gute Figur abgegeben habe.  „Nein, lass mal, das kann ich nicht.“ „Kannst du!“ Schon einen Augenblick spaeter werde ich, umgeben von einer breit lachenden Menschenmenge, durch den Strassenstaub gewirbelt. Der Mann fuehrt so gut, dass fuer Nicht-Koennen gar keine Chance bleibt. Was fuer ein Rhythmus! Wir tanzen noch weiter, als schon gar keine Musik mehr spielt.

„Sag mal, willst du das nicht bei mir lernen?“ fragt eine Frau, die die Szene beobachtet hat, und sich als Salsa-Lehrerin vorstellt. „Erzaehl’s aber nicht unbedingt den Leuten, bei denen du wohnst.“ Nun, das kenne ich ja schon. Aber, warum auch nicht? Als wir kurz darauf barfuss in ihrem Wohnzimmer stehen, verkeilt sie erst einmal die Tuer mit einem Sessel, und zieht sich bis auf die Unterwaesche aus. Ich frag´mich kurz, wann ich eigentlich damit begonnen habe, zu wildfremden Leuten in die Wohnung zu gehen. Und ob nicht genau jetzt der Moment gekommen ist, damit aufzuhoeren. Aber dieses offene Laecheln…

Sie laesst sich seufzend in den anderen Sessel fallen und faengt an, den Preis auszuhandeln. Inklusive eines Anteiles, den sie „fuer die Revolution“ abzufuehren haette. Sie salutiert grinsend. Dann schimpft sie noch ein wenig ueber ihre Nachbarn, die den Touristen so unverschaemte Preise abknoepfen wuerde, dass es eine Schande sei, und faengt dann mit ernster Mine an, mir die Schritte beizubringen.

Ueberraschungsgaeste auf der Terrasse…

Am Abend sitzen wir Cuba Libre trinkend vor dem Fernseher. Mit Pathos und Stolz wird von den karibischen Sprintern berichtet. „Du, ich wuerd dich so gerne zum Essen einladen. Aber ich hab nur Bohnen und Reis?“ Ich steuere Fleisch und Fisch bei, und zusammen kochen wir so viel, dass es fuer die halbe Strasse reicht. Die kleine Tochter – vier und schon jetzt eine kleine Salsa-Queen- tanzt waehrenddessen durch die Wohnung: „Heute ist ein Fest, heute ist ein Fest…“

Wenn ich nicht gerade neue Tanzschritte lerne, erkunde ich die Umgebung. Meistens auf einem klapprigen Fahrrad. Zur Wahl stehen wunderschoene Straende oder Lagunen, grauenhafte Plattenbauten und saftig gruene Landschaft. Ganz in der Naehe befinden sich die Berge der Sierra de Escambray, in der Che Guevara waehrend der kubanischen Revolution eine Basis hatte.

Hier wird Zuckerrohr gepresst…

… und Kaffee geroestet.

Che, der Argentinier, der eigentlich Ernesto hiess und dessen Spitzname von der argentinischen Redewendung „Che“ – Mann, oder hoer‘ mal – stammt, wird hier wie ein Heiliger verehrt. In Trinidad wurde ein altes Kloster zu einem Revolutionsmuseeum umgestaltet.

Waehrend ich schwitzend und schnaufend mein quietschendes Fahrrad den Berg hinaufschiebe, winken mir halbe Kompanien von ihren Lastwagen aus froehlich zu. Gelegentlich haelt jemand an, und fragt ob ich Hilfe brauche. Ein junger Mann auf einem Fahrrad aber versetzt mir im Vorbeifahren einen Schlag, dass ich fast vornueber falle. So wie der weiterfaehrt war das weder ein Versehen, noch ein seltsamer Flirtversuch. Das war eher ein „Scheiss-Touri-sieh-zu-dass-du-nach-Hause-kommst“.

Ich frag mich manchmal wirklich, ob Kuba nicht ohne Touristen, nun, zumindest ruhiger leben wuerde. Wir kommen, schaffen ein bisschen Chaos in der Gesellschaft, und dann gehen wir wieder, waehrend sie bleiben muessen.

Auf dem Friedhof von Havanna

„Ach, komm“, ist die Antwort, als ich zurueck in Havanna am Malecón wieder meine Fragen stelle, „das ist doch gar nicht das Problem. Es ist die Blockade. Und ausserdem haben wir kaum noch jemanden, der uns unterstuetzt. Aber wir halten durch, auch wenn ich keine Ahnung habe, wie. Irgendwie,“ seine Augen strahlen jetzt,  „bin ich da auch ganz schoen stolz drauf.“

Wir schauen gemeinsam eine ganze Weile aufs Meer. Dann meint er leise: „Aber ich hau ab. Irgendwann.“ Oh, Mann, sag ich. Ich wuensch dir, dass es klappt. „Nein,“ antwortet er. „Es wird klappen. Es muss.“

P.S.: Diese Erlebnisse stammen aus dem Juni, Juli dieses Jahres. Waehrend ich sie aufschreibe, hoere ich, dass Kuba fuer das naechste Jahr Reisefreiheit angekuendigt hat. Ich kann gar nicht sagen, wie sehr mich das freut.

 

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